Lösungsansätze: So können wir den Klimawandel aufhalten

Wir haben hier sehr viele Informationen zusammengeführt. Wenn Du gerade nicht viel Zeit hast, empfehlen wir Dir zum Einstieg folgende Beiträge: Das Video mit Mai Thi Nguyen-Kim: Lösungen für den Klimawandel und

Besonders empfehlen möchte ich Euch einen Blog, in dem auf sehr humorvolle Art zusammengefasst wird, wie die Energiewende gelingen kann: https://graslutscher.de/how-to-energiewende-in-10-jahren-teil-1-wo-soll-denn-die-ganze-energie-herkommen/ Davon gibt es noch weitere Teile, die ihr unter dem vorstehenden Link findet.

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Aktuelle Politik

Bundesverfassungsgericht verpflichtet die Bundesregierung zu wirksamem Klimaschutz

Einige der hervorstechenden Unzulänglichkeiten der Klimapolitik der Bundesregierung haben wir hier bereits im September 2019 dargestellt. Nun hat das Bundesverfassungsgericht entschieden: „Zu dem danach gebotenen rechtzeitigen Übergang zu Klimaneutralität reichen die gesetzlichen Maßgaben für die Fortschreibung des Reduktionspfads der Treibhausgasemissionen ab dem Jahr 2031 nicht aus.“ (BvG, Pressemitteilung vom 29.4.2021)

Wer mag, kann sich gerne noch einmal ansehen, wie diejenigen, die jetzt als plötzlich als Klimaschützer auftreten wollen, jede Lücke genutzt haben, um das Notwendige nicht zu tun.

Die Regierung der BRD verhindert eine wirksame Bekämpfung des Klimawandels

Das Versagen der Bundesregierung beim Klimaschutz hat mittlerweile Tradition.
1.5.2019 (n-tv): Scholz lehnt bisherige CO2-Steuerpläne ab
9.10.2018 (Die Zeit): Die Bundesregierung lehnt anders als die meisten EU-Länder strengere Grenzwerte bei Neuwagen ab.

Klimapolitik in Deutschland: Der Kabinettsbeschluss vom September 2019 – ein Dokument des Versagens

Hier kannst Du das Eckpunktepapier der Bundesregierung aufrufen. Hier findest Du einen Übersichtsartikel zum Kabinettsbeschluss in der Zeit Online.

Fazit vorweg: Mit dem Verzicht auf eine WIRKSAME Größenordnung der CO2-Abgabe, hat die Bundesregierung hat eine einmalige Chance vertan, wirksame Maßnahmen gegen die Erderhitzung einzuleiten. Die Regierung hat versagt. Stattdessen droht uns eine neue Subventionsorgie für die Autoindustrie.

Die deutsche Bundesregierung betreibt bis 2021 Placebo-Politik. Bis das Bundesverfassungsgericht einschreitet.

CO2-Bepreisung

Kabinettsbeschluss ist

Bereits vorhanden ist ein Europäischer Zertifikatehandel im Energiesektor (EU-ETS). Neu: Für Gebäude und Verkehr wird ein CO2-Emissionshandel eingeführt.

erforderlich wäre

Die Einführung eines CO2-Preises ist richtig. Es fehlen aber Landwirtschaft, Ernährung und Produktion (Konsumgüter).

In den Jahren 2021 bis 2025 sollen CO2-Preise von jeweils 10, 20, 25, 30 und 35 Euro pro Tonne Co2 erhoben werden. Dadurch verteuern sich Benzin und Diesel 2021 um 3 Cent pro Liter, bis 2026 um 9 bis 15 Cent.

Der CO2-Preis ist viel zu niedrig. Nötig wäre ein Preis von mindestens 50 Euro pro Tonne.
Die Bepreisung kommt zu spät (ganz langsam ab 2021). Mit einer Steuer hätte man 2020 starten können.

Wie sieht die Umsetzung aus? Aufgrund des massiven öffentlichen Drucks hat die Regierung Ende 2019 einen Einstieg mit 25 Euro pro Tonne CO2 beschlossen.

Alles gut? Von wegen – siehe unten…

Ab 2026 Versteigerung der Emissionszertifikate in einem Preiskorridor zwischen 35 und 60 Euro pro Tonne CO2. Erst dann Festlegung einer maximalen Emissionsmenge, die jährlich geringer wird.

Der CO2-Preis müsste auf bis zu 180 Euro pro Tonne steigen. Vorgehen ab 2017 wurde offen gelassen. Festlegung maximaler Emissionsmengen ab 2021.

Sozialer Ausgleich des CO2-Preises

Kabinettsbeschluss ist

Alle zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollen entweder in Klimaschutz-maßnahmen fließen oder an die Bürger*innen zurückgegeben werden.

erforderlich wäre

CO2-Bepreisung soll komplett an die Bürger*innen zurückgegeben werden. Klimaschutzmaßnahmen sollen anstelle von Rüstung und Ausbau des Straßenverkehrs finanziert werden.

Und wie sieht die Umsetzung aus? Die EEG-Umlage soll sinken. Bedeutet: wer viel Strom verbraucht (der nur zu 17% aus Erneuerbaren stammt), spart viel. Super für Tesla-Fahrer. Nix mit sozialer Gerechtigkeit.

Anhebung der Pendlerpauschale ab 2021 ab dem 21. Kilometer befristet bis zum 31. Dezember 2026 um 5 Cent pro Kilometer.

Kompletter Unfug. Das ist, wie wenn man beim Roulette gleichzeitig auf Rot und Schwarz setzt.

Ende 2019 überbieten sich die Koalitionäre mit Forderungen zu noch höheren Erhöhungen der Pendlerpauschale.

Wohngeldbezieher erhalten höheres Wohngeld, bei Empfängern von staatlichen Leistungen (Hartz-IV) sollen höheren Energiekosten berücksichtigt werden.

Eine komplette Rückgabe der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung (in den unteren 60/70% der Einkommen) würde für eine volle und unbürokratische soziale Abfederung sorgen.

Ausbau erneuerbarer Energien

Kabinettsbeschluss ist

Bis 2030 soll der Anteil Erneuerbarer auf 65 Prozent des Stromverbrauchs steigen (1.Hj. 2019: 44%).

erforderlich wäre

Nicht ausreichend. Wir müssen asap an die 100% kommen.

Der Ausbau der Windenergie ist aufgrund von Auflagen eingebrochen. (Vgl. die bayerische Abstandsregelung, nach der z.B. ein 150 Meter hohes Windrad 1,5 Kilometer weit vom nächsten Haus entfernt sein muss). Der Mindestabstand soll zukünftig 1.000 Meter betragen, aber es gibt Ausnahmen: z.B. Bayern darf seine 10-H-Regelung behalten. Kommunen sollen als Genehmigungs-Anreiz eine finanzielle Beteiligung am Betrieb von Windrädern erhalten.

Bayern darf Windkraftanlagen weiterhin faktisch verhindern. So funktioniert der Umstieg auf Erneuerbare nicht. Wir brauchen Windenergie, denn Wind und Sonne verhalten sich in der Stromproduktion gegensätzlich.

Das EEG-Gesetz muss weg oder zumindest von sämtlichen Hemmnissen für den Umstieg auf erneuerbare Energien befreit werden. Bisher ist es ein Erneuerbare-Verhinderungs-Gesetz.

Der von P. Altmaier eingeführte Deckel für Solaranlagen (53GW) wird aufgehoben, Subventionen werden auch bei größeren Anlagen weiterbezahlt.

Solarenergie spielt eine entscheidende Rolle. Es braucht einen garantierten und lohnende Strompreis für Solarenergie, damit ausreichend neue Anlagen gebaut werden.

Heizen: Ölheizungen und Wärmedämmung

Kabinettsbeschluss ist

Der Einbau neuer Ölheizungen soll ab dem Jahr 2026 in allen Gebäuden verboten werden, zumindest, in denen „eine klimafreundlichere Wärmeerzeugung möglich ist“. Der Tausch alter Ölheizungen gegen neue, effizientere wird mit bis zu 40 Prozent der Kosten gefördert.

erforderlich wäre

Sofortiges Verbot neuer Ölheizungen.

Verbesserte steuerliche Absetzbarkeit von Sanierungsmaßnahmen für die Wärmedämmung (bis 20% der Kosten über 3 Jahre).
Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). „Energieberatung für Wohngebäude“

Nicht ausreichend. Wärmedämmung ist ein Prio1 Thema. Förderung von Nullenergiehäusern muss deutlich erhöht werden, incl. aktiver Zuschüsse. Aber auch hier gilt: ein hoher CO2-Preis (mit kompletter Rückgabe) ist viel effektiver, als Subventionen.

Fortführung/Erweiterung Förderprogramm „Energetische Stadtsanierung“

ok…

Die installierte Erzeugungskapazität aus Kohlekraftwerken im Markt soll bis 2030 auf insgesamt 17 GW reduziert werden und bis spätestens 2038 vollständig beendet werden.

Der Beschluss bedeutet: Es wird noch weitere 20 Jahre Kohle verstromt! Nötig ist statt dessen: Braunkohleförderung zeitnah einstellen. Keine Zukunftsinvestionen in fossile Energieträger. Keinerlei (Steuer)Subventionen für fossile Energieträger.

Verkehr

Kabinettsbeschluss ist

Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets im Fernverkehr von 19 auf 7 Prozent senken.

erforderlich wäre

Besser: EINE Methode, um CO2-Abgaben auszugleichen: komplette Rückgabe einer hohen CO2-Abgabe, die dafür aber immer und für alles gilt.

Die Bahn soll bis 2030 eine Milliarde Euro zusätzlich vom Bund erhalten, um damit das Schienennetz auszubauen und zu modernisieren.

Im Prinzip richtig, aber viel zu wenig. Ziel sollte eine rasche Einführung des Deutschlandtakts sein, der die Bahn WESENTLICH ATTRAKTIVER UND EFFIZIENTER macht.

Die Luftverkehrssteuer wird zum 1. Januar 2020 angehoben. Der Betrag steht noch nicht fest. (Voraussichtlich Verdoppelung. Die Abgabe für Inlandsflüge beträgt derzeit 7,38 Euro.)

Innerdeutsche Flüge sollten eingestellt werden. Die Flugsteuer sollte wegen der besonders hohen Klimabelastung zusätzlich zur CO2-Steuer wesentlich deutlicher erhöht werden. (Rückgabe aller Klima-Einnahmen über die Klimadividende)

Autos mit hohem Kraftstoffverbrauch werden zusätzlich besteuert, die KFZ-Steuer soll sich enger am CO2-Ausstoß orientieren. 

Große SUVs und Privatfahrzeuge mit übergroßen Motoren werden verboten.

Elektroautos werden bis 2025 von der KfZ-Steuer ausgenommen. Die Kaufprämien !!! für umweltschonende Fahrzeuge sollen zudem angehoben werden. Ausbau der Ladeinfrastruktur.

Kaufprämien für E-Autos zeigen, dass nichts verstanden wurde: Wir brauchen generell eine Abkehr vom Individual-Autoverkehr (wo immer möglich) und keine neue Förderorgie für Autokonzerne.
Die Produktion von Elektroautos, v.a. mit Lithiumakkus, verbraucht enorme Mengen Ressourcen und führt zu hohen CO2 Emissionen. Und: Lithiumakkus sind nur eine Übergangstechnologie. Außerdem fahren E-Autos immer noch überwiegend mit Strom aus fossilen Energieträgern. Wenn also noch fahrtüchtige Autos durch neue E-Autos ersetzt werden, erhöht dies die globalen CO2 Emissionen mehr, als wenn man das bestehende Auto behalten und dessen Nutzung aufs nötigste beschränken würde.

ÖPNV? Erhöhung von Mitteln für das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG). Keine Vorrangregelung o.ä.
Vorrang für Radverkehr? Nur Absichtserklärung „… wird die Attraktivität des Radverkehrs erhöhen“. Nichts substantielles.

Wir brauchen ein neues Verkehrskonzept. Intensiver und schneller Ausbau des ÖPNV (Oberleitungsbusse, autonome Kleinbusse, Vorrangspuren, etc.). Vorrang für Radfahrer in den Städten.

Wirksamkeits-Kontrolle und Steuerung von Klimaschutzmaßnahmen

Kabinettsbeschluss ist

Für Verkehr, Industrie, Landwirtschaft, Gebäude und weitere Sektoren werden auf Basis der bereits im „Klimaschutzplan 2050“ vereinbarten Ziele jährliche CO2-Budgets in einem Gesetz verankert.

erforderlich wäre

Richtig: Festschreibung per Gesetz.
Falsch: Absenkung geht zu langsam – auch nach den bisherigen Budget-Vorgaben.

Klimakabinett wird Dauereinrichtung und prüft Wirkung und Effizienz der Klimaschutzmaßnahmen und wird von Expertengremium unterstützt.

Das ist die Einladung an uns, keine Ruhe zu geben, bis ausreichende und wirksame Maßnahmen gegen die Erderhitzung durchgesetzt sind.

Konsequenzen für Ministerien, die die vereinbarten Ziele verfehlen – gibt es nicht.

Mit Unverbindlichkeit werden wir nicht weiter kommen. Erforderlich ist eine klare Festlegung jährlicher Ziele mit entsprechenden Konsequenzen bei Nichterreichung.

Informationsportal für Möglichkeiten, persönlich zum Klimaschutz beizutragen.

Das werden wir gerne nutzen.

Außerdem enthält der Kabinettsbeschluss viele kleinere Maßnahmen – Dinge, die man einfach tun muss (Methan-Emissionen aus Mülldeponien reduzieren). Daneben jede Menge vage gehaltener Absichtserklärungen.

Was fehlt ist ein Gesamtkonzept, dessen zentraler Baustein eine wirksame CO2-Abgabe mit Rückverteilung sein muss. Stattdessen Subventionen, Steuererleichterungen (dienen denen, die viel Steuern zahlen) und viele kleine Aufgaben, die man schon vor Jahren hätte angehen können und müssen. Echte, terminierte, konkrete und mutige Maßnahmen fehlen.

Kommentare und Reaktionen zum Klimapaketchen

Harald Lesch zu den Groko-Klimaverhandlungen

MaiLab zu den Ergebnissen der Groko-Klimaverhandlungen

Campact: Das große Klima-Versagen – und jetzt? Eine Analyse der Situation und klare Forderungen an die politischen Entscheidungsträger*innen.

Nun gibt das Bundesverfassungsgericht Richtlinien vor, was unter effektivem Klimaschutz zu verstehen ist. Nämlich eine WIRKSAME Minderung der Treibhausgas-Emissionen bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt:

„Als intertemporale Freiheitssicherung schützen die Grundrechte die Beschwerdeführenden hier vor einer umfassenden Freiheitsgefährdung durch einseitige Verlagerung der durch Art. 20a GG aufgegebenen Treibhausgasminderungslast in die Zukunft. Der Gesetzgeber hätte Vorkehrungen zur Gewährleistung eines freiheitsschonenden Übergangs in die Klimaneutralität treffen müssen, an denen es bislang fehlt.

… Vorschriften, die jetzt CO2-Emissionen zulassen, begründen eine unumkehrbar angelegte rechtliche Gefährdung künftiger Freiheit, weil sich mit jeder CO2-Emissionsmenge, die heute zugelassen wird, die in Einklang mit Art. 20a GG verbleibenden Emissionsmöglichkeiten verringern; entsprechend wird CO2-relevanter Freiheitsgebrauch immer stärkeren, auch verfassungsrechtlich gebotenen Restriktionen ausgesetzt sein. Zwar müsste CO2-relevanter Freiheitsgebrauch, um den Klimawandel anzuhalten, ohnehin irgendwann im Wesentlichen unterbunden werden, weil sich die Erderwärmung nur stoppen lässt, wenn die anthropogene CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre nicht mehr weiter steigt. Ein umfangreicher Verbrauch des CO2-Budgets schon bis 2030 verschärft jedoch das Risiko schwerwiegender Freiheitseinbußen, weil damit die Zeitspanne für technische und soziale Entwicklungen knapper wird, mit deren Hilfe die Umstellung von der heute noch umfassend mit CO2-Emissionen verbundenen Lebensweise auf klimaneutrale Verhaltensweisen freiheitsschonend vollzogen werden könnte.

… Der Klimaschutzverpflichtung aus Art. 20a GG steht nicht entgegen, dass Klima und Erderwärmung globale Phänomene sind und die Probleme des Klimawandels daher nicht durch die Klimaschutzbeiträge eines Staates allein gelöst werden können. Der Klimaschutzauftrag des Art. 20a GG hat eine besondere internationale Dimension. Art. 20a GG verpflichtet den Staat, eine Lösung des Klimaschutzproblems gerade auch auf überstaatlicher Ebene zu suchen. Der Staat könnte sich seiner Verantwortung nicht durch den Hinweis auf die Treibhausgasemissionen in anderen Staaten entziehen. Aus der spezifischen Angewiesenheit auf die internationale Staatengemeinschaft folgt vielmehr umgekehrt die verfassungsrechtliche Notwendigkeit, eigene Maßnahmen zum Klimaschutz tatsächlich zu ergreifen und für andere Staaten keine Anreize zu setzen, das erforderliche Zusammenwirken zu unterlaufen.

… Die verfassungsrechtlich maßgebliche Temperaturschwelle von deutlich unter 2 °C und möglichst 1,5 °C kann prinzipiell in ein globales CO2-Restbudget umgerechnet werden, das sich dann auf die Staaten verteilen lässt. Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) hat für verschiedene Temperaturschwellen und verschiedene Eintrittswahrscheinlichkeiten aufgrund eines qualitätssichernden Verfahrens unter Offenlegung der verbleibenden Unsicherheit konkrete globale CO2-Restbudgets benannt.

… Danach darf nicht einer Generation zugestanden werden, unter vergleichsweise milder Reduktionslast große Teile des CO2-Budgets zu verbrauchen, wenn damit zugleich den nachfolgenden Generationen eine radikale Reduktionslast überlassen und deren Leben umfassenden Freiheitseinbußen ausgesetzt würde.

… Der Gesetzgeber hat die Fortschreibung des Treibhausgasreduktionspfads in § 4 Abs. 6 Satz 1 KSG verfassungsrechtlich unzureichend geregelt.“ (BvG, Pressemitteilung vom 29.4.2021)

Was ist tatsächlich notwendig, um den Klimawandel aufzuhalten?

Social tipping dynamics for stabilizing Earth’s climate by 2050

Im Frühjahr 2021 erschien in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“) eine Studie des Teams um den ehemaligen PIK-Direktor Hans Joachim Schellnhuber, in der eine Reihe von sogenannten Kippinterventionen präsentiert werden, die eine Trendwende in Richtung eines wirksamen Klimaschutzes möglich erscheinen lassen.

Die Kernelemente:

Subventionen für fossile Energieträger streichen – Dezentrale Energiegewinnung – Klimafreundliches Bauen – Abzug von Finanzmitteln aus der fossilen Energiebranche – Klimaschutz als gesellschaftliche Norm etablieren – Ökologische Bildung

Streichung der Subventionen für fossile Energieträger (noch 2015 doppelt so hoch, wie die Subventionen für erneuerbare Energien!). Weg von zentralen Großkraftwerken, hin zu dezentraler Energiegewinnung.

  • „Since large power stations relying on coal, oil, or gas exploitation are not profitable below a certain threshold of households supplied, decentralized generation systems and transitioning to local power generation might be expected to lead to a virtually complete decarbonization of production systems“

Klimafreundliches Bauen mit Holz, statt Beton (20% der Treibhausgasemissionen stammen aus Bau und Nutzung von Gebäuden)

  • „There are many new construction materials that not only imply lower emissions but also could actively support carbon sequestration efforts in urban areas. To give an example, constructing a 142-m-high residential building using above 80% laminated timber could lead to sequestrating 21,040 tons CO2 and avoiding 50,000 tons CO2 emissions otherwise entailed in using standard construction materials such as steel and concrete, which is equivalent to the amount 33,000 cars emit per year“

Fossile Energieträger sind finanziell nicht mehr lohnend

  • „the critical condition needed to trigger the tipping process is the moment when fossil-fuel–free energy production yields higher financial returns than the energy production based on fossil fuels. The empirical data show that this critical threshold is about to be reached; the prices of renewables have dropped sharply in the last few years, and they have already become the cheapest source of energy in many world regions.“
  • „Simulations show that just 9% of investors could tip the system, inducing other investors to follow“

Abzug von Finanzmitteln aus fossilen Energieträgern – keine Garantien, Versicherungen etc. für die fossile Energiebranche

  • „redirecting national subsidy programs to renewables and low-carbon energy sources or removing the subsidies for fossil-fuel technologies are the tipping interventions that are needed for the take-off and diffusion of fossil-fuel–free energy systems.“

Änderung von Normen und Werten. Klimaschädliches Verhalten muss gesellschaftlich als unmoralisch und klimaschützendes Verhalten als soziale Norm erkannt werden.

  • „The control parameter is represented by the ethical perception of fossil fuels, the environmental externalities they generate, and the broader harm they visit on societies. The critical condition in the control parameter will be achieved if the majority of social and public opinion leaders recognize the ethical implications of fossil fuels and generate pressure in their peer groups to ostracize the use of products involving fossil fuel burning. This could be more widespread in religious communities and be led by spiritual leaders, perhaps following the example of Pope Francis’s encyclical Laudato si’“

Die Grundlage für diese Normen und Werte müssen im Bildungssystem gelegt werden. Hier ist die informationelle Basis für das Erkennen der Vernünftigkeit und Notwendigkeit solcher Normen zu legen.

  • „The effects of changes in educational programs can also lead to a social tipping process as soon as the new generation enters the job market and public decision-making bodies. The recent #FridaysForFuture protests demonstrate the upcoming new generation might radically change the political scene. It is estimated that within just half a year the school children movement grew to 1.5 million students in 125 countries. The effects of educational campaigns can be strengthened by a supportive family and community context as well as by media campaigns, advertising bans, higher taxes, use prohibitions, and lawsuits against producers“

Konkrete Verbraucherinformationen zu den Treibhausgas-Emissionen bei der Herstellung von Produkten.

  • „The control parameter is represented by the transparency of the impact of individual consumer and lifestyle choices and carbon emissions. Transparency and disclosure of information about carbon emissions are needed, for instance, not just to provide a solid basis for global, regional, and national policies but also to increase public and consumer awareness and improve labeling programs, triggering action and lifestyle changes to support decarbonization“

Was ganz klar zu tun ist

Alternative Wege der CO2-Bepreisung

Mein Favorit ist klar: Hohe CO2-Steuer, bezogen auf die gesamte Produktionskette – und vollständige Rückverteilung der daraus gewonnenen Einnahmen pro Kopf.

Aber es ist natürlich – wie immer – kompliziert. Wie funktioniert die CO2-Bepreisung? Wie wirkt sie, welche Erfahrungen gibt es? Hier findest Du vertiefende Informationen:

Die “Wirtschaftsweisen” sprechen sich in Ihrem Gutachten für eine CO2-Bepreisung als marktwirtschaftliches Instrument zur Reduktion von Treibhausgasen aus.

FAQ zur CO2-Bepreisung von Scientists for Future – verständliche Antworten auf komplizierte Fragen

„Ein wesentlicher Grund dafür, dass Klimaschutz nur unzureichend umgesetzt wird, ist, dass Treibhausgase keinen angemessenen Preis haben. Nun wird in Deutschland daher kontrovers diskutiert, wie CO2-Emissionen einen höheren Preis bekommen können. Dabei werden eine CO2-Steuer, eine Erweiterung des europäischen Emissionshandels oder Mischformen und Varianten dieser Instrumente erwogen.“ (Quelle: SfF)

Hier direkte Links zu den Antworten von Scientists for Future. Den Gesamttext kann man hier als PDF downloaden.

Wirksamkeit und Ausgestaltung

(1)    Wieso reduziert ein CO2-Preis die CO2-Emissionen? Kurze Antwortausführliche AntwortMythos und Realität

(2)    Welche Erfahrungen haben Staaten bisher mit CO2-Preisen gemacht? Kurze Antwortausführliche Antwort

(3)    Welche Möglichkeiten der Ausgestaltung eines CO2-Preises gibt es? Kurze Antwortausführliche Antwort

(4)    Wie hoch sollte der CO2-Preis sein?Kurze Antwortausführliche Antwort

Verteilungskonflikte und Gerechtigkeit

(5)    Warum ist es gerecht, dass ein CO2-Preis die Verursacher trifft? Kurze Antwortausführliche AntwortMythos und Realität

(6)    Belastet ein CO2-Preis Haushalte mit niedrigen Einkommen? Kurze Antwortausführliche Antwort

(7)    Führt ein nationaler CO2-Preis zu einer Verschiebung der Emissionen in andere Länder? Kurze Antwortausführliche Antwort

(8)    Schadet ein CO2-Preis der Wirtschaft? Kurze Antwortausführliche Antwort

Weitergehende Maßnahmen

(9)    Wie wird ein CO2-Preis für die Bürgerinnen und Bürger attraktiv? Kurze Antwortausführliche Antwort

(10)   Warum ist ein CO2-Preis für eine gute Klimapolitik nicht hinreichend? Kurze Antwortausführliche Antwort

Quellenverzeichnis von Scientist for Future & Autorinnen und Autoren von Scientists for Future

Weitere Hintergrundinfos zum Thema CO2-Bepreisung

Wer es ganz wissenschaftlich will: Hier das MCC-PIK-Papier „Optionen für eine CO2-Preisreform

Informationen zum EU-Emissionshandel (EU-ETS = European Union Emission Trading Scheme), der derzeit (Sep 2019) etwa 5% der EU Emissionen einschließt: https://bit.ly/2Kdo1ip

Energiepolitik auf www.Sonnenseite.com

Die Sonnenseite bietet laufend aktualisierte Informationen zur Energiepolitik.

Ebenfalls empfehlenswert: https://energiewende.eu/category/politik/

Politik: Hintergrund

Fehlsteuerung der Energiekosten bremst Energiewende

Eine aktuelle Fraunhofer-Studie zeigt: Die politischen Vorgaben führen zu einer skandalösen Fehlsteuerung der Energiekosten für fossile, atomare und erneuerbare Energie und schaden der Energiewende.

Der Text des Fraunhofer-Instituts ist für nicht technisch ausgebildete Menschen so schwer zu lesen, dass die Informationen in der Öffentlichkeit vermutlich nicht ausreichend wahrgenommen werden. Auch auf die Gefahr hin, dass die komplexen Zusammenhänge nicht ganz korrekt wiedergeben können, möchten wir die zentralen Aussagen eine allgemein verständlichen Sprache zusammenfassen.
Wir haben zitieren im Folgenden zentrale Zitate aus der Fraunhofer-Studie, die Du hier auch im Original öffnen kannst.

Fraunhofer-Studie

Die Klimapolitik in den Parteiprogrammen zur Europawahl 2019 mit Links zu den klimapolitischen Seiten der Parteien

Nachfolgend zentrale Aussagen der Parteien zur Klimapolitik, zitiert in Anlehnung an die Zusammenfassung der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Da jede Zusammenfassung auch eine Verkürzung und ggf. auch Verfälschung bedeutet, kannst Du die Parteiprogramme bei Klick auf die Parteinamen direkt öffnen.

Hier die Links zur aktuellen Politik der Grünen zum Thema Klimaschutz, die Stellungnahme der Grünen zum „Klimapaket“ und die Forderungen für Sofortmaßnahmen.

Mit diesem Link gelangst Du zu den aktuellen klimapolitischen Forderungen der Linken.

Hier die klimapolitische Seite der SPD. Mögen täten wir schon wollen, aber dürfen haben wir uns nicht getraut. Macht irgendwie traurig.

Aktuelle Klimapolitik der CDU/CSU? Erleben wir gerade (5.10.19)

Wie sieht die aktuelle Klima-Politik der FDP aus? Hier schreibt die FDP, dass man sie auf keinen Fall wählen darf, wenn man Klimaschutz will – Zitat: „Wir Freie Demokraten wollen, dass Energiepolitik nicht zur Verbotspolitik wird. Heute werden den Menschen die Ziele der Energiepolitik mit immer neuen Vorschriften, Subventionen und Zwangsabgaben aufgezwungen. Wir wollen marktwirtschaftliche Anreize und keine Verzichts- und Verbotsideologie mit staatlicher Gängelung. Nationale Alleingänge wie den Klimaschutzplan 2050 lehnen wir ab.“ (Quelle: Webseite der FDP, 5.10.19)

Als ich das gelesen habe, blieb mir der Mund offen stehen und ich musste nochmal prüfen, ob ich wirklich auf der offiziellen Seite dieser Partei bin. Tatsächlich: fdp.de. Es ist unfassbar.

Wem das noch nicht genug ist, der kann auf die „Klima-Seite“ der AfD gehen. Da heißt es – Zitat: „AfD wehrt sich gegen PR-getriebenen Aktionismus und den Missbrauch aufgehetzter junger Leute als Demomasse. AfD-Bundesvize Georg Pazderski hat den Klima-Wahn und die Klima-Kriegsberichterstattung in Deutschland als ignoranten Alleingang bezeichnet: …“ Daneben stehen Artikel, die behaupten, 500 „Wissenschaftler“ hätten der These vom menschengemachten Klimawandel widersprochen, usw. (Quelle: Webseite AfD kompakt, 5.10.19)

Wenn Klimaforscher die Welt regieren würden

Wenn Klimaforscher die Welt regieren würden – Autos abschaffen, Wald aufforsten, vegetarisches Essen – was muss der Mensch sofort tun, um die Erderwärmung zu stoppen? Neun führende Forscher antworten auf ZEIT ONLINE:

Eine CO2-Abgabe macht Technologien wie Wind oder Solar wettbewerbsfähig „Eine CO2-Abgabe hat drei Effekte: Erstens bestraft sie den Verbrauch von Kohle, Öl und Gas gemäß des Kohlenstoffgehalts. Zweitens macht sie CO2-freie Technologien wie Wind oder Solar wettbewerbsfähig und sorgt für weitere finanzielle Förderung. Drittens generiert sie Einnahmen für Regierungen, die ich als Kopfpauschale zurückverteilen würde.“ (Brigitte Knopf, Generalsekretärin des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change, Berlin)
Alles, was neu gebaut wird, sollte CO2-frei sein – „Ab sofort sollten etwa nur noch Kraftwerke gebaut werden, die erneuerbare Energien nutzen, und keine neuen Kraftwerke, die die fossilen Brennstoffe verwenden. Ab den frühen 2020er-Jahren sollten allein Elektroautos oder Autos mit anderen CO2-freien Motoren verkauft werden. Und neue Industrieanlagen sollten ab dem Jahr 2025 frei von Kohlendioxid sein.“ (Niklas Höhne, Direktor des New Climate Institute, Berlin, und Professor an der Universität Wageningen, Niederlande)
Alle Länder sollten eine Bilanz der Schäden erstellen Die heute verfügbaren Methoden erlauben es, solche Ereignisse dem menschengemachten Klimawandel zuzuschreiben (Annual Review of Environment and Resources: Otto et al., 2017). „Wir wissen einfach nicht, für welche Schäden und Verluste der Klimawandel bis heute gesorgt hat. Es ist schwierig, ein Problem zu lösen, das vage ist und oft als reines Zukunftsproblem gilt. Alle Länder sollten also eine Übersicht erstellen, damit wir die Kosten beziffern können.“ (Friederike Otto, geschäftsführende Direktorin des Environmental Change Institute der Universität Oxford, England)
Wir sollten den Fleischkonsum auf 600 Gramm pro Woche reduzieren – „Etwa 25 Prozent der jährlichen globalen Treibhausgasemissionen sind auf die Lebensmittel zurückzuführen – besonders auf Fleischprodukte (Climate Change 2014: Mitigation of Climate Change. Contribution of Working Group III to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change: Smith et al., 2014). Deshalb sollten wir alle sofort die zehn Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) umsetzen – uns also von gesunder Mischkost mit einem hohen Anteil an Obst und Gemüse ernähren.“ (Hermann Lotze-Campen, Professor für Nachhaltige Landnutzung und Klimawandel an der Humboldt-Universität zu Berlin sowie Leiter des Forschungsbereichs II „Klimawirkung und Vulnerabilität“ am Potsdam Institute for Climate Impact Research)
Es braucht öffentlichen Verkehr und bessere Telekonferenzen – „Ganz auf Flugreisen zu verzichten ist eine der wirkungsvollsten Maßnahmen, die die Treibhausgasemissionen eines Einzelnen erheblich reduzieren (Environmental Research Letters: Wynes and Nicholas, 2017).“ (Gabriele Clarissa Hegerl, Professorin für Klimasystemwissenschaften an der Universität Edinburgh, Schottland)
Unsere Biosphäre muss geschützt werden, damit sie Kohlenstoff speichert – „Wir müssen unsere Ökosysteme erhalten und wiederherstellen, damit sie Kohlenstoff speichern und absorbieren, lokale und regionale Niederschläge reguliert bleiben und das Klima moderat ist. … Intakte Gebiete müssen wir schützen, und unsere politischen Anreize im Norden sollten wir ändern, um Wälder auf stillgelegten oder marginalen Ackerflächen wiederherzustellen.“ (Yadvinder Malhi, Professor für Ecosystem Science an der Universität Oxford, England)
Wir müssen unser Agrarsystem verändern – „Die … industrielle Landwirtschaft … basiert auf chemischen Mitteln und Praktiken, die energieintensiv und umweltschädlich sind. Sie trägt laut IPCC zu mehr als 20 Prozent der globalen menschengemachten Treibhausgasemissionen bei (IPCC, Working Group III: Mitigation, 2014). Deshalb müssen wir stattdessen agrarökologische Produktionssysteme nutzen. Mit einer verbesserten Landwirtschaft erhalten wir die Biodiversität, bewahren die Fruchtbarkeit unserer Böden und tragen somit dazu bei, die Menschheit zu ernähren. Das berichtete der UN-Menschenrechtsrat bereits 2010.“ (Angelika Hilbeck, Institut für Integrative Biologie der ETH Zürich, Schweiz)
Produkte sollten eine CO2-Kennzeichnung bekommen – „Weltweit sollten alle Produkte und Dienstleistungen mit einer klaren Kennzeichnung ihrer CO2-Emissionen und ihres ökologischen Fußabdrucks vermarktet und verkauft werden. … Ob es sich um ein Produkt mit positivem, neutralem oder negativem Fußabdruck handelt, sollte ebenso hervorstechen wie der Kaufpreis.“ (Per Espen Stoknes, Autor des Buches „What We Think About When We Try Not To Think About Global Warming: Toward a New Psychology of Climate Action“)
Wir brauchen Politiker, die unsere Interessen vertreten – „…Machen Sie Ihre Stimme hörbar. Eine effektive Lösung muss sowohl persönliches Handeln als auch Regierungspolitik beinhalten. Aber Ersteres kann durch Letzteres gefördert werden, also sollten wir uns darauf konzentrieren, politisch Einfluss zu nehmen. Dazu gehört, klimafreundliche Politiker zu wählen.“ (Michael E. Mann, Direktor des Penn State Earth System Science Center, Pennsylvania)
Ebenfalls aus der ZEIT: Menschen, kümmert euch darum!Soll die Hälfte der Erde zum Naturschutzgebiet werden, oder hilft eine Kohlenstoff-Steuer? Zwei Biologen, die die Welt auf unzähligen Expeditionen erforscht haben, debattieren über Lösungen

Auch wenn wir persönlich auf der globalen Ebene kaum Einfluss nehmen können, macht es Mut, zu wissen, dass es durchaus Wege geben kann, eine weltweite Kooperation gegen den Klimawandel zu erreichen. Lord Nicholas Stern zeigte beim Klimagipfel der UN 2014, wie eine Zusammenarbeit der Nationen aussehen könnte, um den Klimawandel zu stoppen.

„Was wäre, wenn die führenden Politiker weltweit beschließen würden, im Rahmen eines gemeinsamen Plans 20 Jahre lang jedes Jahr fünf Prozent des weltweiten BIP zur Lösung des Klimaproblems zu verwenden? Das würde bedeuten, dass fünf Prozent der arbeitenden Bevölkerung und fünf Prozent des Kapitals für die Herstellung und Erbringung klimafreundlicher Güter und Dienstleistungen arbeiten würden. Dieses große Projekt würde das Klimaproblem lösen. Nach 20 Jahren gemeinsamer und gut geplanter Anstrengungen wäre die Weltwirtschaft emissionsfrei.“ (Jørgen Randers2052: A Global Forecast for the Next Forty Years, S. 298)

Klimaziele 2030: Wege zu einer nachhaltigen Reduktion der CO2-Emissionen. Stellungnahme der Leopoldina – Nationale Akademie der Wissenschaften im Juli 2019

Die Zeit berichtet: „Die Gutachter der Leopoldina fordern einen „einheitlichen und sektorübergreifenden Preis für Treibhausgasemissionen“. … Die Einnahmen, fordern sie, müssen transparent in die Klimapolitik reinvestiert werden. Als sozialer Ausgleich in Form einer Klima-Dividende. Als Puffer, um die Kosten des Klimaschutzes (etwa die Strompreise!) abzufedern. Schließlich und zentral aber als Investitions- und Innovationsprogramm. Und wer zahlt? Vor allem die Wohlhabenden. Sie haben den nachweislich größeren ökologischen Fußabdruck.“

Quelle: Die Zeit, 25.7.2019, Der Weckruf. Mit überraschender Schärfe geißeln Forscher der Leopoldina die Versäumnisse der Umweltpolitik. 

Hier geht es zur Stellungnahme der Akademie der Wissenschaften im Original.

Hier Auszüge aus dem Leopoldina-Dokument:

Sondergutachten des Sachverständigenrats

Ergänzend zur Stellungnahme der Leopoldina ist das Sondergutachten des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung interessant, auch wenn wir der Argumentation nicht folgen, weil sie immer noch völlig systemimmanent angelegt ist. Ein echter Paradigmenwechsel im Sinne einer Abkehr der bisherigen Vorstellungen von Wachstum und Wohlstand fehlt. Dennoch gibt es viele interessante Analysen und Hintergrundinformationen. Hier findest Du die Kurzfassung, hier die vollständige Version des Sondergutachtens und hier die Optionen für eine CO2-Preisreform.

Initiativen für den Klimaschutz

Man glaubt es kaum (zumindest merkt man es nicht) – es gibt auch eine Nationale Klimaschutzinitiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit.
Die Stadt Neumünster hat ein Integriertes Klimaschutzkonzept – sehr konkret und differenziert.
Das Forschungszentrum Jülich gibt eine Kommunalrichtlinie für Klimaschutzprojekte im kommunalen Umfeld heraus.
Und auch das Land Schleswig-Holstein hat seine Ziele für den Klimaschutz definiert.

Klimaschutz in die Verfassung – eine Initiative aus Bayern

EUROPÄISCHE BÜRGERINITIATIVE: Klimawandel schnell, fair und wirksam stoppen

Die Bürgerinitiative hat 3 Elemente:

CO2 Abgabe

Diese Regelung sieht eine Abgabe auf fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas vor. Sie beginnt niedrig und wächst mit der Zeit stetig. Dies wird den CO2-Ausstoß verringern, da Unternehmen und Industrien, die öffentliche Hand und die Verbraucher zu “grüneren” und billigeren Optionen übergehen.

Klimadividende

Die Einkünfte, die durch die CO2-Abgabe erzielt werden, werden in einer monatlichen Zahlung an die Bürger zurückgegeben, die sie dann nach eigenem Ermessen ausgeben können. Die entstehenden Verwaltungskosten werden aus den Einnahmen der CO2-Abgabe bezahlt. Die erzielten Einkünfte werden von den Regierungen in voller Höhe wieder ausgezahlt.

Ausgleich an der Grenze

Grenzausgleichsmaßnahmen schützen EU-Hersteller und EU-Arbeitsplätze vor unlauterem internationalen Wettbewerb aus Ländern ohne CO2-Abgabe. Im Rahmen dieser Richtlinie wird auf eingeführte Waren ein CO2-Grenzausgleich erhoben, und aus der EU ausgeführte Waren erhalten eine Rückerstattung der CO2-Abgabe.

Quelle: citizensclimateinitiative.eu

Kann massive Aufforstung den Klimawandel abschwächen?

Uns rennt die Zeit davon. Deshalb müssen wir alle Optionen denken und prüfen.

Eine Studie der ETH Zürich behauptet: 0,9 Milliarden (!) Hektar neuer Wald, dies entspricht etwa der Fläche der USA, würden dafür sorgen, dass ein relevanter Anteil der vom Menschen verursachten Kohlendioxid-Emissionen wieder aus der Luft entfernt werden könnten. Eine kurze Zusammenfassung der Studie findest Du auf der Homepage der ETH Zürich und hier.

Abstract im Fachmagazin Science: The global tree restoration potential:

„The restoration of forested land at a global scale could help capture atmospheric carbon and mitigate climate change. Bastin et al. used direct measurements of forest cover to generate a model of forest restoration potential across the globe (see the Perspective by Chazdon and Brancalion). Their spatially explicit maps show how much additional tree cover could exist outside of existing forests and agricultural and urban land. Ecosystems could support an additional 0.9 billion hectares of continuous forest. This would represent a greater than 25% increase in forested area, including more than 200 gigatonnes of additional carbon at maturity (d.h. erst dann, wenn die Bäume ausreichend gewachsen sind – G.M.). Such a change has the potential to store an equivalent of 25% of the current atmospheric carbon pool.“

„The restoration of trees remains among the most effective strategies for climate change mitigation. We mapped the global potential tree coverage to show that 4.4 billion hectares of canopy cover could exist under the current climate. Excluding existing trees and agricultural and urban areas, we found that there is room for an extra 0.9 billion hectares of canopy cover, which could store 205 gigatonnes of carbon in areas that would naturally support woodlands and forests. This highlights global tree restoration as one of the most effective carbon drawdown solutions to date. However, climate change will alter this potential tree coverage. We estimate that if we cannot deviate from the current trajectory, the global potential canopy cover may shrink by ~223 million hectares by 2050, with the vast majority of losses occurring in the tropics. Our results highlight the opportunity of climate change mitigation through global tree restoration but also the urgent need for action.

Quelle: Jean-Francois Bastin et al.: The global tree restoration potential, Science  05 Jul 2019: Vol. 365, Issue 6448, pp. 76-79 DOI: 10.1126/science.aax0848

Die Publikationen im Überblick:

Bastin JF et al: The global tree restoration potential (korrigiert)
Veldman JW et al: Comment
Friedlingstein P et al: Comment
Lewis SL et al: Comment
Grainger A et al: Comment
Bastin JF et al: Response to comments

Die Autoren haben auch ausgemacht, in welchen Regionen diese gigantischen Waldflächen entstehen könnten. Hier der Abstract zum Thema Waldflächen im Fachmagazin Science:

„Over 140 Mha of restoration commitments have been pledged across the global tropics, yet guidance is needed to identify those landscapes where implementation is likely to provide the greatest potential benefits and cost-effective outcomes. By overlaying seven recent, peer-reviewed spatial datasets as proxies for socioenvironmental benefits and feasibility of restoration, we identified restoration opportunities (areas with higher potential return of benefits and feasibility) in lowland tropical rainforest landscapes. We found restoration opportunities throughout the tropics. Areas scoring in the top 10% (i.e., restoration hotspots) are located largely within conservation hotspots (88%) and in countries committed to the Bonn Challenge (73%), a global effort to restore 350 Mha by 2030. However, restoration hotspots represented only a small portion (19.1%) of the Key Biodiversity Area network. Concentrating restoration investments in landscapes with high benefits and feasibility would maximize the potential to mitigate anthropogenic impacts and improve human well-being.“

Leider ist die Sache nicht ganz so einfach – und die Studie in den Medien z.T. unsauber rezipiert. In seinem Blog „KlimaLounge“ nimmt uns Stefan Rahmstorf einige Illusionen, allein mit massivster Aufforstung den Klimawandel stoppen zu können.

  • Da es sich beim CO2-Anteil der Atmosphäre um ein Fließgleichgewicht handelt, würde die angenommene CO2-Reduktion bei Nutzung aller denkbarer Flächen nicht 200, sondern nur 100 Gigatonnen CO2 betragen (bei 640 GtC Gesamtemissionen).
  • Von den theoretisch verfügbaren Flächen wäre vermutlich nur die Hälfte realistisch bepflanzbar. Schneebedeckte Flächen und Permafrostböden sollte man gerade nicht mit Bäumen bepflanzen, da dies a) die Albedo reduzieren und b) die Freisetzung von Klimagasen aus den Böden bedeuten könnte.
  • Die angenommene CO2-Aufnahme erstreckt sich über einen Zeitraum von 50-100 Jahren.
  • So landet man schließlich bei 1-2 Gt CO2 pro Jahr, die durch Aufforstung der Atmosphäre entzogen werden könnten.

Aber – das ist Rahmstorf auch ganz klar – diese Reduktion brauchen wir und deshalb sollten wir aufforsten, wo dies ökologisch sinnvoll ist.

Mit Hightech gegen den Klimawandel (?)

Hier findest Du eine Sammlung interessanter Ideen und Technologien, die einen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten können. So gut und hoffnungsvoll diese Technologien sind – sie dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass wir unseren Lebenswandel ändern müssen – auch dann, wenn es uns gelingt, den NOTWENDIGEN Energiebedarf durch erneuerbare Energien zu decken. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass auf diesem Weg bis zu 10 Milliarden Menschen den verschwenderischen Lebensstil der heutigen reichen Welt führen können.

Geoengeneering / Climate Engeneering: Der Traum von der technischen Lösung

Bis jetzt hat doch der Mensch noch für alles eine technische Lösung gefunden. Das muss doch auch beim Klima klappen. Diese Illusion kann ein starkes Hemmnis sein, wenn es darum geht, einen echten Wandel des Wirtschaftens und des Lebensstils der Menschen zu erreichen, um die Lebensgrundlagen zu sichern. Dieser Satz richtet sich nicht gegen moderne Technik: wir brauchen Sie für nachhaltige Energieerzeugung, -verteilung und -speicherung, für intelligente Verkehrssysteme, für energieeffiziente Produktionsmethoden usw.. Technik kann und muss dabei helfen, die 10 Milliarden Menschen zu versorgen, die in einigen Jahrzehnten auf diesem Planeten leben werden. Was überhaupt nur möglich ist, wenn diese Menschen einen nachhaltigen Lebensstil pflegen. Es gibt jedoch keine technische Lösung, die es ermöglichen würde, dass große Teile der Menschheit einen Lebensstil führen, wir heute im reichen Norden verbreitet ist.

Dennoch kann es Situationen geben, in der wir auf Maßnahmen des Geoengeneering zurückgreifen müssen, obwohl diese – wie wir im folgenden sehen – mit enormen Problemen behaftet sind. Zum Thema Geoengeneering bzw. Climate Engeneering gibt es einen hervorragenden Wikipedia-Artikel. Im folgenden ein kurzer Überblick über die beiden Hauptmethoden: A) Senkung der Sonneneinstrahlung und B) Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre. Dazu eine Liste der mit Geoengineering verbundenen Probleme und Gefahren.

Solar Radiation „Management“ – Senkung der Sonneneinstrahlung

Prinzip

Die Grundidee ist, entweder die Abstrahlung von Sonnenlicht in den Weltraum (Albedo) zu erhöhen, oder die Einstrahlung von Sonnenlicht primär zu reduzieren. Am Treibhauseffekt selbst und seinen Ursachen ändert sich dadurch nichts, auch wenn die atmosphärische Temperatur gesenkt wird.

Prinzipielle Probleme

Durch die Senkung der Sonneneinstrahlung kommt es zu (mindestens teilweise unerwünschten) Veränderungen im Wasserkreislauf und einem geringeren Pflanzenwachstum. Die Wirkung der Maßnahmen hängt von Breitengrad und Tageszeit ab. Sobald die Maßnahme, die die Reduktion der Sonneneinstrahlung bewirken soll, unterbrochen wird, schlägt der Treibhauseffekt voll zu: es kommt dann innerhalb von kürzester Zeit zu einer rasanten Temperaturerhöhung.

Bei allen Methoden, die die Sonneneinstrahlung global reduzieren, stellt sich immer die Frage, für wen das Klima eigentlich optimiert wird. Die Auswirkungen der Maßnahmen wären in unterschiedlichen Regionen sehr verschieden. Man erhält keineswegs das Klima, dass man vor dem Klimawandel hatte, sondern ein völlig anderes – je nach Region.

Methoden

Erhöhung der Oberflächenalbedo, also „Aufhellung“ der Erdoberfläche

Der Ansatz lässt sich nur lokal umsetzen (zum Beispiel dicht besiedelten Gebieten) und reduziert tendenziell die lokalen Niederschlagsmengen.

Erhöhung der Wolkenalbedo

Hierzu gibt es Ideen, niedrige Wolken über großen Teilen der Ozeane zu erzeugen. Technische Machbarkeit nicht absehbar.

Einbringung von Aerosolen in die Stratosphäre

Es gibt Berechnungen, nach denen schon die Einbringung von nur ein Prozent der gegenwärtigen weltweiten Schwefelemissionen in die Stratosphäre einen Temperaturrückgang der unteren Atmosphäre zur Folge haben würde. Dies würde aber nicht gleichmäßig geschehen, selbst paradoxe Effekte sind möglich: Im südlichen Polarmeer könnte sogar zu einer schnelleren Erwärmung kommen. Außerdem kommt es zu schwer abschätzbaren Rückkopplungseffekten und zu Veränderungen im Wasserkreislauf, vermutlich im Sinne einer stärkeren Austrocknung der kontinentalen Landmassen.

Diskutiert wird auch die Ausbringung von Aluminiumoxid und Bismutiodid.

Blockade der Sonneneinstrahlung im Weltraum

Die Idee ist, am Lagrange-Punkt L1 zwischen Erde und Sonne (wo sich die Schwerkraftwirkung beider Himmelskörper gegenseitig aufhebt), kleine Sonnensegel o. ä. zu installieren, die die Sonneneinstrahlung mehr oder weniger kontrolliert reduzieren würden.

Carbon Dioxide Removal – Entfernung von Kohlendioxid aus der Atmosphäre

Alle bisher vorgeschlagenen Verfahren sind so langsam, dass mehr als 100 Jahre vergehen würden, bis das atmosphärische Kohlendioxid dadurch wirksam reduziert würde. Die Methoden reichen von der gesteigerten Produktion von Biomasse (Land- und ozeanbasierte Verfahren) über die Verwitterung von Silikatgesteinen, bis hin zur Entfernung von CO2 aus der Umgebungsluft mittels hochalkalischer Lösungen. Es gibt auch die Idee Eisenoxid als Feinstaubpartikel in der Troposphäre (als in unseren atmosphärischen Schichten) freizusetzen, wo diese den Abbau klimawirksamer Stoffe (jedoch nicht CO2) beschleunigen und die Albedo erhöhen.

Gefahren von Geoengeneering

Die folgende Liste stammt von Alan Robock „20 reasons why geoengineering may be a bad idea”, erschienen in Bulletin of the atomic scientists, 2008), erweitert um die Punkte 21 und 22.

  1. Effects on regional climate. Effekte auf das regionale Klima (z.T. unerwünschte) Temperaturveränderungen
  2. Continued ocean acidification. Fortgesetzte Versauerung der Meere
  3. Ozone depletion.Schädigung der Ozonschicht (bei Aerosol-Geoengineering)
  4. Effects on plants. Negative Auswirkungen auf Pflanzen (und in Folge natürlich auch auf die Tierwelt)
  5. More acid deposition / Verstärkung des sauren Regens (bei Ausbringung von Schwefeldioxid)
  6. Effects of cirrus clouds. Auswirkungen auf die natürliche (Zirrus-)Bewölkung
  7. Whitening of the sky (but nice sunsets). Ausbleichung des Himmels
  8. Less sun for solar power. Geringere Leistungsausbeute für Solaranlagen
  9. Environmental impacts of implementation. Direkte Umweltauswirkungen der Maßnahme.
  10. Unexpected consequences. Unbekannte, unvorhersehbare Auswirkungen
  11. Rapid warming if deployment stops. Starker Temperaturanstieg, wenn Projekt gestoppt werden muss
  12. There’s no going back. Wie schnell kann die Maßnahme bei Bedarf beendet werden?
  13. Human error. Menschliches oder technisches Versagen
  14. Undermining emissions mitigation. Negative Auswirkung auf die Bereitschaft zur CO2-Reduktion
  15. Cost. Möglicherweise extrem hohe Kosten (Ausnahme: Aerosol-Geoengineering)
  16. Commercial control of technology. Gefahr bei kommerzieller Kontrolle der Techniken
  17. Military use of the technology. Missbrauch zu militärischen Zwecken
  18. Conflicts with current treaties. Widerspruch zur ENMOD-Konvention
  19. Control of the thermostat. Notwendigkeit einer übernationalen Kontrolle, aber Kein Rahmenwerk zur Entscheidungsfindung vorhanden. Unvereinbare Interessenskonflikte einzelner Staaten (Wer bestimmt die globale Temperatur?)
  20. Questions of moral authority. Erhebliches Konfliktpotential (politisch, ethisch, moralisch)
  21. Veränderungen der Niederschlagsmuster
  22. Keine Reduktion des CO2-Gehalts der Atmosphäre (bei SRM-Methoden)

Zum Abschluss noch ein Beispiel für eine wissenschaftliche Arbeit, die sich anhand von Simulationen damit auseinandersetzt, welche Auswirkungen ein moderates „Solar Radiation Management“ haben würde.

Geo-Engineering – Die Reparatur der Erde / 3sat 13.08.2019
Die Klimagötter – Geo Engineering statt Klimaschutz – arte Doku 2015

Technik zur Nutzung der Sonnenenergie

Photovoltaik

Wie funktioniert eigentlich die Gewinnung von Strom aus Sonnenenergie genau? Reset.org gibt Auskunft…

Empfehlenswert: Die Seite Energie auf www.Sonnenseite.com. Einige Artikel aus der Sonnenseite findest Du nachstehend.

Solarenergie (Quelle: www.Sonnenseite.com)

Schwimmende Spritfabriken: Klimaneutrale Kraftstoffe aus Sonnenenergie und Meerwasser

Die Idee: Mit CO2 und Wasserstoff aus dem Meerwasser und viel Sonnenenergie Methanol (CH4O – der einfachste Alkohol, mit nur einem Kohlenstoffatom) produzieren . „Zwar entsteht auch bei der Verbrennung von Methanol das Treibhausgas CO₂. Aber für die Produktion des Treibstoffs kann man wiederum CO₂ nutzen. Wird dieses in schwimmenden Chemiefabriken aus dem Meerwasser extrahiert, ist die Bilanz ausgeglichen. Meerwasser ist als CO₂-Quelle deshalb günstig, weil für die Extraktion deutlich weniger Energie gebraucht wird als für eine CO₂-Gewinnung aus der Luft. Und da sich die Konzentration des Treibhausgases zwischen Luft und Meer ständig ausgleicht, wird die Atmosphäre nicht zusätzlich belastet. Auch Wasserstoff, die zweite Zutat für die Methanolherstellung, soll aus dem Meerwasser gewonnen werden. Dafür muss dieses zunächst gefiltert, entsalzt und dann mit Elektrizität in Sauerstoff und Wasserstoff getrennt werden. Den nötigen Strom sollen Fotovoltaik-Anlagen aus Sonnenlicht generieren. Jede Methanolfabrik, die zum Beispiel auf einem großen Schiff untergebracht werden könnte, müsste dafür von 70 Solarzelleninseln mit einem Durchmesser von 100 Metern umgeben sein. ­Insgesamt würde eine Anlage ungefähr einen ­Quadratkilometer Meeresoberfläche bedecken. … Um den Treibstoff für die Versorgung des gesamten Langstrecken-­Güterverkehrs der Welt herzustellen, bräuchte man 170.000 derartige Fabriken, haben die ­Wissenschaftler berechnet. Eine Meeresfläche von der Größe Tunesiens würde dafür reichen. Das ­Gebiet sollte so nah wie möglich am Äquator liegen, weil die Sonneneinstrahlung dort hoch ist und keine tropischen Stürme drohen.“ Quelle: Zeit Online, 14.8.19

Das Sonnenhaus

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Ein 100-Prozent-Sonnenhaus hat in der Mitte einen riesigen Wassertank (um den herum z.B. das Treppenhaus angelegt wird). Mit dieser großen Wasserfläche lässt sich Sonnenenergie ausreichend gut speichern, um rund um die Uhr genügend Wärmeenergie zur Verfügung zu haben. Im Winter bedarf es in manchen Phasen noch einer zusätzlichen „Notheizung“ Dazu bedarf es – neben dem Wassertank – großer Solarpaneele und einer guten Wärmedämmung. Ergänzt wird das Konzept durch eine Photovoltaikanlage, wobei Wärme nicht mehr auf dem Umweg über Strom gewonnen, sondern direkt aus dem Wärmespeicher bezogen wird.

Energiespeicherung (Quelle: www.Sonnenseite.com)

LOHC: Liquid Organic Hydrogen Carrier

Batterien haben 2 große Nachteile: Sie sind in der Herstellung extrem aufwändig (seltene Rohstoffe, hoher Energieverbrauch) und sie sind schwer, weil sie eine geringe Energiedichte haben. Demgegenüber ist Wasserstoff ein wesentlich geeigneterer Energieträger. Wenn er nicht so flüchtig und gefährlich wäre… Hier bieten LOHC eine Abhilfe:

LOHC sind organische Trägerflüssigkeiten, an die Wasserstoff über einen Katalysator chemisch gebunden wird, was ihn leicht handhabbar macht.

In der LOHC-gebundenen Form kann der Wasserstoff genauso wie Diesel bei Umgebungstemperatur und -druck transportiert und gelagert werden. Wenn Wasserstoff zur Rückverstromung benötigt wird, kann er per Katalysator aus dem LOHC freigesetzt werden. LOHC als Trägerstoff kann also wie eine Pfandflasche für Wasserstoff immer wieder befüllt und entleert werden. Der Trägerstoff ist zudem in großen Mengen vorhanden, umweltfreundlich und billig, was die Kosten der Energiespeicherung deutlich senkt.“ „So würden etwa zur Speicherung von zwei Megawattstunden Energie rund 1000 Liter LOHC benötigt, die bei der Erstbeschaffung etwa 3000 Euro kosten und danach viele 100 Mal wiederverwendet werden können. Bei Batterien müsste man für die gleiche Speichermenge heute einen Millionenbetrag aufwenden.“ (Quelle: n-tv, 20.4.19: Superspeicher für Wasserstoff: LOHC soll Energiewende retten)

Noch etwas genauer: „Die Hydrierung ist eine exotherme Reaktion und wird bei erhöhten Drücken (ca. 30–50 bar) und Temperaturen von ca. 150–200 °C in Gegenwart eines Katalysators durchgeführt. Dabei wird die korrespondierende gesättigte Verbindung gebildet, die bei Umgebungsbedingungen gelagert beziehungsweise transportiert werden kann. Wird der Wasserstoff wieder benötigt, wird die nun hydrierte, wasserstoffreiche Form des LOHCs dehydriert, wobei der Wasserstoff wieder aus dem LOHC freigesetzt wird. Diese Reaktion ist endotherm und erfolgt bei erhöhten Temperaturen (250–320 °C) wieder in Gegenwart eines Katalysators. Vor der Nutzung des Wasserstoffs muss dieser gegebenenfalls noch von LOHC-Dampf gereinigt werden.“ (Quelle: (Wikipedia) . Die Firma Hydrogenious Technologies nutzte für eine erste Anlage den Stoff Dibenzyltoluol. Die Trägerflüssigkeiten sind mehr oder weniger giftig und müssen daher in einem geschlossenen Kreislauf bleiben. Hydrogenious sieht das natürlich nicht so kritisch: “ We use dibenzyltoluene (DBT) as carrier material, which is not classified as dangerous goods according to ADR and other transport regulations.“

Mehr über die Technologie erfährst Du hier auf der Website von Hydrogenious Technologies.

Zur LOHC-Produktion können Photovoltaik-Produktionsspitzen tagsüber genutzt werden, es können aber auch große zentrale Anlagen gebaut werden, wie wir sie für die Methanproduktion (s.o.) beschrieben haben.

Windenergie (Quelle: www.Sonnenseite.com)

Neue Formen der Energiegewinnung und Energie-Einsparung (Quelle: www.Sonnenseite.com )

CO2: Vom Klimakiller zum Wertstoff

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Welche Möglichkeiten gibt es, CO2 wieder aus der Atmosphäre zu holen? Reset.org berichtet über CO2-Filter, moosbewachsene „urban trees“, Photosynthese mit künstlichen Blättern, Photobioreaktoren und manch andere Verfahren, die bislang zu energieintensiv sind. mehr lesen…

Smart Grid – Stromnetze für erneuerbare Energien

Um erneuerbare Energien optimal verfügbar zu machen, müssen folgende Probleme berücksichtigt werden: a) Erneuerbare Energien schwanken in der Produktion unvorhersehbar und haben b) eine geringere Energiedichte im Vergleich mit herkömmlicher Energieerzeugung. Und c) geht beim Transport von Energie über große Strecken Energie verloren. Die Lösung sind Smart Grids: eine komplexe und intelligente Vernetzung zahlloser Kleinkraftwerke, die via Internet zu einem „virtuellen Kraftwerk“ zusammengeschaltet werden, das die Steuerung der Produktion und die Verteilung der Energie übernimmt. Die Haushalte sind über Smart Meter an das Netz angeschlossen. Damit das funktioniert, müssen jedoch Lastspitzen vermieden werden. Dies kann z.B. durch (Uhr)zeitabhängige Stromtarife erreicht werden. Bei Überproduktion könnten u.a. E-Autos Energie speichern. Aber: Die Technik ist noch nicht ausgereift – in Großstädten würde ein Smart Grid heute noch nicht funktionieren. Mehr über diese Technologie erfährst Du bei Reset.orgSmart Grid – Die Hoffnung der Energiewende?

Wie notwendig ein resilienteres Stromnetz ist, zeigt übrigens der Thriller „Blackout“ von Marc Elsberg. Spannend.

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