Guten Morgen, Herr Salvini,
die Behauptung, die Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer würde Schlepperbanden ermuntern, weiterzumachen, hat ja irgendwie etwas bestechendes. Irgendwie hört es sich plausibel an. Dennoch muss man sich einmal vergegenwärtigen, welche Logik dahinter steht. Es ist die Logik der Todesstrafe: Wenn man Flüchtlinge davon abhalten will, zu versuchen, mit Schlauchbooten über das Mittelmeer zu fahren, geht das nur, wenn man sie ertrinken lässt. Das ertrinken lassen von Flüchtlingen wird andere davon abschrecken, es ihnen gleich zu tun.
Das ist die Logik der Todesstrafe. Nur, dass in diesem Fall die „Delinquenten“ nichts verbrochen haben. Im Gegenteil: es sind Opfer von unerträglichen Lebensumständen. Und richtig, Schlepperbanden bereichern sich an diesem Menschen. Man muss man etwas dagegen tun, dass sich Schlepperbanden an Flüchtlingen bereichern können. Aber das nicht bedeutet NICHT NICHTS für die Menschen zu tun, die in so großer Not sind, dass sie sich in lebensgefährliche Schlauchboote setzen um das rettende Europa zu erreichen.
Wenn Europa einmal angefangen hat, sich wirklich ernsthaft darum zu kümmern, wie die Lebensbedingungen der Menschen verbessert werden können, die keinen Ausweg mehr sehen, als aus ihrem Land mit wenigen Habseligkeiten und unter Lebensgefahr zu flüchten, dann können wir auch darüber reden, wie man Außengrenzen auf eine humane Weise „sichern“ und Migration begrenzen kann. Bislang ist das, was wir in Europa tun, aber etwas anderes: Wir kooperieren mit Despoten, um Bodenschätze und Menschen in Afrika ausbeuten zu können und jetzt auch, um Flüchtlinge am Vorankommen zu hindern. Entwicklungshilfe wird vielfach unter dem Blickwinkel der Wirtschaftshilfe für europäische Unternehmen gesehen. Die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort zu verbessern, zählt nach wie vor wenig. Hauptsache, sie geben den Versuch auf, nach Europa zu kommen.
Diese Haltung sollten Sie – und wir alle – überdenken.
Mit freundlichen Grüßen
Gottfried Müller
Dear Mr. Salvini, the assertion, that rescuing refugees in the Mediterranean would encourage traffickers to carry on has some kind of captivating effect. Somehow it sounds plausible. Nevertheless, one has to realize what kind of logic there is behind it. It is the logic of the death penalty: If you want to prevent refugees from trying to dingy across the Mediterranean, you can only let them drown. Accepting the drowning of refugees will discourage others from doing the same. That's the logic of death penalty. Only that in this case the "delinquents" did nothing wrong. On the contrary: they are victims of unbearable living conditions. Of cause, we should prevent smugglers from enriching themselves on refugess. But that does NOT mean to do NOTHING for the people, who are in such great need, that they put themselves in life-threatening inflatable boats to reach the saving Europe. Once Europe has begun to seriously look into how to improve the living conditions of people, who are so desperate, that they try to flee with few belongings and at risk to their lives, then we can talk about how to 'secure' external borders in a humane way and limit migration. So far, what we do in Europe is something different: we cooperate with despots to exploit natural resources and people in Africa, and now also to prevent refugees from moving forward. Development aid is often seen from the point of economic benefits for European companies. Improving the living conditions of local people still counts little. The main concern is, that they give up on trying to come to Europe. You - and all of us - should re-think this attitude. Yours sincerely, Gottfried Müller, Munich
Es ist Mord – Videoberichte über das Verhalten der lybischen Küstenwache gegenüber Flüchtlingen in Seenot
Ein Video der New York Times (hier im Spiegel-TV) zeigt, mit welcher Grausamkeit die lybische Küstenwache Flüchtlinge behandelt – und ertrinken lässt. Vor dem Hintergrund dieser Bilder wird deutlich, welch ein menschenverachtender Zynismus darin liegt, ausgerechnet die Menschen zu kriminalisieren, die solche Situationen nicht mehr zulassen wollen. Der folgende ARD-Bericht bezieht sich auf den Bericht, der hier im Original zu sehen ist. Achtung: Diese Bilder sind NICHT für Kinder geeignet.